Offener Brief, vom 5. Mai 2024
- Team ALMWEIDESCHUTZ.AT
- 5. Mai 2024
- 4 Min. Lesezeit

Bild: pixabay
Sehr geehrter Herr Minister Mag. Norbert Totschnig,
Sehr geehrter Herr Minister Dr. Martin Kocher,
Sehr geehrter Herr Minister Dr. Magnus Brunner.
A) Offener Brief zum Thema:
Großraubtier Wolf/Modellrechnung HR Dr. Thomas Guggenberger
Wissenschaftler und Experte an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein
„Arbeitsausbeutung“ von Hirten durch 84 h Woche
Etliche Millionen Steuer- und Abgabenbetrug
600 naturschutzfachlich relevante Almen zusperren
Daraus ergibt sich folgende politische Handlungserfordernis:
a) Vertiefende Untersuchung des Zusammenwirkens von Hr. Dr.
Guggenberger mit dem „Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs“,
sowie dem „Herdenschutzkompetenzzentrum“ Raumberg-
Gumpenstein, sowie Konsequenzen für die wissenschaftliche
Tätigkeit von Hr. Dr. Guggenberger.
b) Untersuchung der Motivation für illegale Vorschläge
c) Abstellen illegaler Modelle und Ausarbeitung legaler Behirtung
unter Einhaltung sämtlicher Rechtsvorschriften, sowie Darstellung
der Vollkosten
B) Vorgeschichte Bericht SN 2.4.2024:
Am 2.4.2024 wurde im Lokalteil der Salzburger Nachrichten auf den
Seiten 2-3 ein Bericht1 veröffentlicht, indem der Journalist Hödlmoser
den Agrarvertretern mangelnden Willen zum Herdenschutz vorhält und
das Zusperren von Almen verharmlost. Als Argumentationsbasis dient
Link zum Zeitungsbeitrag der Salzburger Nachrichten: vom 2.4.2024:
eine Berechnung von „Experten“ der HBLFA Raumberg-Gumpenstein,
wonach Herdenschutz 21 Mio zusätzlicher Kosten verursachen würde.
Dies auf Basis der Annahme, die aktuell 800 Schafalmen auf 200 zu
reduzieren und dorthin die gealpten Schafe zu verlegen, um sie mit
Hirten zu begleiten, also ca. 600 Almen zuzusperren.
Herr HR Dr. Guggenberger kommt in dem Beitrag persönlich mit Bild zu
Wort und darf den ca. 200.000 Lesern der SN ausrichten:
„Man sollte es zumindest einmal versuchen.“
C) Abklärung durch ALMWEIDESCHUTZ.AT (AWS):
Nachdem die grundlegende Ausrichtung des Zeitungsbeitrages als teils
einseitig zu bewerten ist, waren die niedrig angesetzten Kosten für
Herdenschutz durch Behirtung für uns nicht nachvollziehbar, sodass wir
Nachfragen angestellt haben. Herr Dr. Guggenberger hat uns sein
Rechenmodell per E-Mail übersendet bzw. erläutert.
Die kalkulatorische „Expertise“ Hr. Dr. Guggenberger, Institutsleiter der
Nutztierforschung, zu den Hirtenkosten von rund 21 Mio. € lautet:
Auf einer halben Seite, werden unter begrifflicher Verwirrung Aspekte
selbständiger und unselbständiger Arbeit angesprochen und in Zahlen
das Rechenmodell (2) dargestellt.
2 Hirten zu je € 45.000,- inkl Lohnnebenkosten | = € 90.000,- |
Abschreibungen Unterkünfte + Infrastruktur | € 24.000,- |
Abzüglich ÖPUL + Almzins | € - 9.500,- |
Summe pro Alm | € 104.500,- |
Mal 200 verbleibende Almen = € 20,9 Mio
Schafe „vollständig abgezogen“ auf 620 Almen
Nach diversen weiteren Nachfragen wurden das Zustandekommen der € 45.000,-/Hirte von HR Dr. Guggenberger erläutert.
12h/Arbeitstage auf der Alm x 120 Tage | = 1.440 Arbeitsstunden |
40 Normalarbeitstage x 8h | 320 Arbeitsstunden |
Summe Arbeit | 1.760 Arbeitsstunden |
Stundenlohn € 15,- x 1.760h | = € 26.400,- |
Zusatzkosten für 2 Hirtenhunde + Ausbildung etc. | € 8.000,- |
Lohnnebenkosten | € 9.844,- |
Summe pro Hirte | € 44.244,- |
Herr Dr. Guggenberger stellt unmissverständlich klar, dass er eine
selbständige Tätigkeit mit betrieblichen Einnahmen von € 45.000,- für
jeden Hirten anstrebt. Von Umsatzsteuer ist keine Rede.
D) Bewertung der „Expertise“ durch AWS:
a) Das von Herrn HR Dr. Guggenberger entwickelte
Berechnungsmodell beabsichtigt eine selbständige Beschäftigung,
zur Umgehung zwingender Arbeitsrechtsvorschriften, dies kann
als Scheinselbständigkeit verstanden werden. Sollte eine
„Scheinselbständigkeit“ vor Gericht landen oder von den Steuer-
und Abgabenprüfungen aufgegriffen werden, drohen den
Almbauern jedenfalls saftige Nachzahlungen und Strafverfahren
nach diversen Rechtsvorschriften.
Wir verweisen auf den jüngsten Beschluss im EU Parlament zur
„Plattformrichtlinie“(3) und die damit verbundenen Fragestellungen,
die sich auch bei „selbständigen Hirten“ stellen.
b) Wie allgemein bekannt ist, haben selbständige tätige Personen
Umsatzsteuer mit dem Normalsatz von 20% in Rechnung zu stellen.
Dass für € 45.000,- Einnahmen/Jahr Umsatzsteuer anfallen würde,
kommt in der „Expertise“ nicht vor, eine Befreiung ist nicht
erkennbar. Der Steuerausfall ist mit ca. € 4 Mio/Jahr zu beziffern.
c) Zusätzlich fällt auf, dass die Fragestellung des Journalisten nach
den zusätzlichen Herdenschutzkosten gar nicht beantwortet
wurde, da in diesem Fall Herdenschutzhunde in die Kalkulation
einzubeziehen gewesen wären.
d) Des Weiteren wäre bei Ermittlung der zusätzlichen Kosten kein
Abzug für ÖPUL und Almzins vorzunehmen gewesen, da die Kosten
nicht davon abhängen, ob es evtl. Finanzierungsquellen gibt oder
nicht gibt.
e) Eine gewisse Widersinnigkeit der Expertise ergibt sich daraus, dass
zunächst behauptet wird, es gelte prekäre Beschäftigung zu
vermeiden, um im nächsten Satz ein Modell der „Selbständigkeit“
darzulegen, welches den offenbar als Arbeitnehmer gedachten
Hirten, um arbeitsrechtliche Errungenschaften wie begrenzte
Arbeitszeit, Krankenstand, Urlaub, Sonderzahlungen etc. bringen
soll. Die Haftung für die „schwere und gefährliche Arbeit“ bleibt
alleine dem Hirten, das Unfallrisiko ebenfalls.
e) Eine Aufgliederung der Lohnnebenkosten von € 9.844,- wurde nicht
gegeben, stattdessen wurden wir aufgefordert einen
Beitragsrechner zu benutzen. Der Betrag ist nicht nachvollziehbar.
E) Conclusio:
Wir sind der Ansicht, dass alle Überlegungen zum Herdenschutz mit
Hirten auf Basis der gültigen Gesetze der Republik Österreich anzustellen
sind, insbesondere unter Einhaltung der Vorschriften des Arbeitsrechtes,
sowie der Sozialversicherungs- und Steuergesetzgebung.
Von „Wissenschaftlern und Experten“ wie HR Dr. Guggenberger
entwickelte „Herdenschutzmodelle“ die auf Arbeitsausbeutung mit
84h/Woche unter Ausschaltung von Urlaub, Krankenstand,
Sonderzahlungen, Arbeitssicherheit usw. basieren, jedoch mit mehreren
Millionen an Steuerausfällen verbunden sind, lehnen wir ab.
Auch sollten solche fragwürdigen „Modelle“ nicht dazu eingesetzt
werden, unsere Alm- und Bergbauern als Verweigerer an den medialen
Pranger zu stellen, weil sie den Weg der Illegalität nicht beschreiten.
F) Appell an die zuständigen Fachministerien/Dienstellen:
Wir dürfen Sie als zuständige Fachminister ersuchen, von
Bundesbeamten erfundene, höchst fragwürdige „Behirtungsmodelle“
energisch abzustellen und umgehend entsprechende Konsequenzen in
die Wege zu leiten, insbesondere wenn sie in Tageszeitungen
angepriesen werden: „Man sollte es zumindest einmal versuchen“.
Unsere Alm- und Bergbauern mit untauglichen Modellen zu
konfrontieren, um sie als Herdenschutzverweigerer anzuprangern, mehr
noch eine Scheinlösung im Zusammenhang Großraubtiere der breiten
Öffentlichkeit zu präsentieren, die letztendlich viele
naturschutzfachlich wichtigen Weidetierhalter die Existenzen kostet,
sollten wir nicht dulden.
(2) Die „kalkulatorische Expertise“ und weitere Erläuterungen liegen AWS vor. (3) https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20240419IPR20584/parlament-nimmt-richtlinie-uber-plattformarbeit-an